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Holzwurmwanderungen. Oder wie man Drucke geographisch zuordnet

Die Wanderung des Holzwurms

Holzwurm Wanderung als Geschichts-Dokument

In Nord- und Südeuropa gab es lange Zeit nur je eine Art von Holzwürmern. Erst in den letzten 100 Jahren hat der Mensch den Arten bei ihrer Wanderung in andere Regionen ein bißchen geholfen, wie ein amerikanischer Wissenschaftler jetzt festgestellt hat.

In Europa gibt es zwei verschiedene Holzwurmarten, die mehrere Jahrhunderte entweder nur im Norden oder nur im Süden vorkamen. Es gab eine klare Grenze zwischen den beiden Arten. In den letzten 100 Jahren wurde diese Grenze scheinbar aufgelöst, denn jetzt kommen beide Arten gleichmäßig in Europa vor. Ein US-Biologe hat diese Wanderung mit einer kuriosen Methode entdeckt: auf historischen Kunstdrucken unterschieden sich die weißen Holzwurmlöcher nicht mehr so wie auf früheren Drucken eindeutig voneinander.

Holzwürmer werden umgangssprachlich nur die Larven des Käfers genannt. In Trockenrisse oder Holzspalten legen die Insekten ihre Eier ab, aus denen später die wurmartigen Larven schlüpfen. Die Larven fressen sich dann mehrere Jahre kreuz und quer durch das Holz und verpuppen sich schließlich zum fertigen Käfer, der sich nur noch ins Freie nagen muss. Dadurch entstehen die typischen Holzwurmlöcher. Normalerweise legen die Käfer ihre Eier auf den Holzteilen ab, in denen sie selbst groß geworden sind, doch wird auch vor 500 Jahre alten Druckblöcken nicht Halt gemacht. Wenn man mit solchen wurmstichigen Blöcken ein Papier bedruckt, bleiben die Löcher logischerweise weiß. Der Biologe Blair Hedges von der Pennsylvania State University hat diese Löcher einmal genauer überprüft und konnte anhand der Größe der Löcher feststellen, welche Wurmart welches Loch verursacht hat.

Löcher der Art Anobium punctatum, die im Süden vorkam, sind 1,43 Millimetern groß, die Löcher der nördlichen Verwandten, die Oligomerus ptilinoides heißen, sind knapp einen Millimeter größer, sie haben einen Durchmesser von 2,30 Millimetern. Anhand der Löcher konnte Hedges sehr eindeutig feststellen, in welchen Gebieten welche Art in den letzten 500 Jahren vorwiegend gelebt hat. Doch in den letzten 100 Jahren konnte er keine eindeutigen Grenzen mehr ziehen, da die beiden Arten begannen in allen Teilen Europas vorzukommen. Der Grund dafür ist, laut Hedges, der Mensch, der mit der Möglichkeit des Handelns südliche Hölzer in den Norden transportiert hat und umgekehrt. Die in den Hölzern lebendenden Arten konnten sich perfekt an die klimatischen Bedingungen anpassen und sich so in den Regionen etablieren. Hedges nennt übrigens einen „praktischen Nutzen“ von Holzwurmlöchern. Damit lasse sich nämlich ab sofort gezielt ermitteln, ob historische Hölzer oder Drucke aus Nord- oder Südeuropa stammen. Wer dem Ganzen tiefer auf den Grund gehen möchte, kann sich bei unserer Quelle Bild der Wissenschaft weiter informieren.