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Allgemein

Holzschnitt direkt vom Baumstamm

Holzschnitt hat eine lange Tradition. Er ist eines der ältesten Druckverfahren überhaupt – bis heute wurde er als künstlerische Technik erhalten. Das heißt allerdings nicht, dass es nicht weiterentwickelt oder neu interpretiert werden kann. Warum mit Holzplatten arbeiten, wenn man gleich den ganzen Baum haben kann, der doch so viel mehr von Holz, Wald und Wiesen hat?

Der Holzschnitt ist allgemein bekannt als Hochdruckverfahren. Ein Druckstock aus einem glatt gehobelten Holzbrett, wird mit Schneidemessern bearbeitet. Alle Teile des Holzes, die nicht drucken sollen, werden entfernt. So entsteht ein Relief. Dieses Relief wird händisch eingefärbt und dann abgedruckt, so entsteht ein Bild. Der so genannte Holzschnitt.
Eine ganz andere, und doch nicht wirklich fern liegende, Idee: Warum nicht dem üblichen flächigen Druckstock den Rücken kehren? Der freischaffende Künstler und Dozent verschiedener Kunstschulen Wolfgang Folmer hat sich darauf spezialisiert, Holzschnitt direkt auf dem Baumstamm zu betreiben. Und gibt darin sogar Kurse für Schul- oder Hochschulklassen und andere Gruppen.
Ganze Baumstämme werden dafür von Ästen befreit, gehobelt und mit schwarzer Farbe überzogen. Dann können mit den entsprechenden Werkzeugen Formen aus dem Holz herausgeschnitten werden. Das helle innere des Stammes hebt sich gegen dessen schwarz bemalte Oberfläche ab und es entsteht ein Kunstwerk in Säulenform. Die besondere Herausforderung für den Künstler: er sieht selbst immer nur einen Ausschnitt seines Gesamtwerkes – ein Baumstamm ist immerhin rund.

Die fertigen Stämme sind schon selbst Kunstwerke. Wolfgang Folmer geht aber noch einen Schritt weiter und führt die Idee des Drucks mit Holzschnitten zu Ende. Die geschnitzten Stämme werden mit Farbe bestrichen und wie Druckwalzen benutzt. So erstreckt sich das Motiv, das sich zuvor um den Baum geschlängelt hatte, plötzlich flächig auf einem Papier oder einer Stoffbahn. Nachdem das Motiv abgedruckt wurde, kann wieder weitergeschnitzt werden, dann wieder gedruckt, und so weiter. Dabei kommen auf den Drucken nicht nur die eingeritzten Linien und Flächen zum Vorschein, sondern auch die natürliche Maserung des Baumes, die Astlöcher und kleinen Rillen im Stamm. Dieser Effekt erweckt die Bilder zum Leben und bringt etwas von der Natürlichkeit und Naturverbundenheit des Baumes aufs Papier.