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Der Baum in der Volksliteratur

Ernährer, Holzlieferanten und Schattenspender. In der menschlichen Sozialisation spielten Bäume schon immer eine wichtige Rolle. Früher markierten sie Grenzen und Eigentum. Unter ihnen wurde getanzt und geliebt, aber auch Gericht gehalten. Oft mussten sie als Galgen herhalten. In den Wäldern fanden mitunter blutige Schlachten statt. All das findet in der Volksliteratur in unzähligen Mythen, Sagen, Märchen, Gedichten und Liedern seinen Ausdruck.

In der Volksliteratur hat die Geschichte des Baumes einen prominenten Platz. Die Linde Yggdrasil, die Weltesche aus der nordischen Mythologie, verkörpert als ein überaus kompliziertes Gebilde den gesamten Kosmos und stellt dem Mythos nach den ersten Baum dar, den es je gab. Ebenfalls in die nordische Sagenwelt gehört die Geschichte von Ask und Embla, das sind Esche und Ulme: beide wurden von den Göttern Odin, Hönir und Lodur als Baumstämme am Meeresstrand gefunden und zum Leben erweckt. So erschufen sie den ersten Mann (aus der Esche) und die erste Frau (aus der Ulme).

In der deutschen Dichtung spielt die Linde eine herausragende Rolle. „Under der linden“, ein mittelalterliches Minnelied von Walther von der Vogelweide, hat bis heute nichts von seiner Romantik eingebüßt. Viele werden zumindest die ersten Worte des deutschen Liedes „Der Lindenbaum“ kennen. Der „Tannenbaum“ „Schatzhauser im grünen Tannenwald…“ so beginnen die ersten Worte des Spruchs, den der arme „Kohlenmunk-Peter“ im Märchen „Das kalte Herz“ aufsagen muss, um das Glasmännlein zu rufen.

Der Wald und diverse Berufe der Holzverarbeitung spielen hier eine tragende Rolle. Früher bezog sich der Begriff „Tanne“ durchaus auch auf andere Nadelbaum-Arten. Sie wurden in der Dichtung oft großzügig unter dem Begriff „Tannenbaum“ zusammengefasst. Holunder, Apfel- und Birnbaum Viele Geschichten ranken sich auch um den Apfelbaum, wie zum Beispiel in dem Märchen „Frau Holle“. Diese „Frau Holle“ wird auch mit dem Holunder, dem Sambucus nigra, in Zusammenhang gebracht. Dem Birnbaum wird unter anderem in dem rührenden Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ ein Denkmal gesetzt. Weitere Assoziationen findet der geneiget Leser im Märchenlexikon.